Oberstleutnant Jörg Langer muss gar nichts sagen. Als er in dem Zweifamilienhaus mit einem Militärpfarrer an einer Wohnung klingelt, öffnet eine Frau noch lächelnd die Tür. Doch als sie die beiden erblickt, friert ihr Lächeln ein. „Wenn ein Soldat mit einem Pfarrer erscheint, wissen die Familien, was los ist“, sagt Langer. In diesem Fall war der Sohn bei einem Unfall während einer Übung ums Leben gekommen.
Bereits dreimal musste Langer Todesnachrichten an Angehörige überbringen. Jedes Mal war dies auch für ihn selbst eine Ausnahmesituation. „Da kann man sich nicht dran gewöhnen, und da muss man sich nicht dran gewöhnen“, sagt er.
Am Donnerstag starben bei Kämpfen in Nordafghanistan weitere vier deutsche Soldaten – seit Beginn des Einsatzes in dem Land 2001 waren es damit schon 43. Bei der Bundeswehr ist genau geregelt, wer die Todesnachricht überbringt. Koordiniert wird dies vom Einsatzführungskommando in Potsdam. „Sobald wir gesicherte Informationen haben, welche Soldaten verwundet oder gefallen sind, wird möglichst schnell versucht, die Angehörigen zu informieren“, sagt Langer. Diese Aufgabe kommt dann dem Kommandeur des Heimatverbandes zu, der die Angehörigen mit einem Geistlichen oder Psychologen persönlich besucht.
Jeder Soldat füllt vor einem Auslandseinsatz ein Papier aus, auf dem er die Kontakte von zwei Angehörigen festhält, die im Ernstfall informiert werden sollen. Die Kommandeure werden in der Regel auch in ihrer Ausbildung auf die Übermittlung von schlimmen Nachrichten vorbereitet. Tritt die Situation dann wirklich ein, muss aber jeder für sich selbst den richtigen Weg und Ton finden. „Sie versuchen sich etwas zurechtzulegen und müssen dann doch spontan sein“, beschreibt der Oberstleutnant die Situation.
Stefan Yurkiewicz, evangelischer Standortpfarrer in Koblenz, sagt, dass die Familien den Tod auf keinen Fall aus den Medien erfahren sollen. „Die Reaktionen sind total menschlich und sehr breit“, sagt Langer. Manche reagieren mit Schuldzuweisungen und Wutausbrüchen, andere brechen zusammen und sind wie gelähmt. Yurkiewicz versucht, in solchen Situationen professionell zu bleiben. Es nutze keinem etwas, wenn der Pfarrer selbst die Nerven verliere, sagt er. „Aber es verhindert nicht, dass einem jeder einzelne Fall an die Nieren geht.“ (mehr bei mainpost.de)